"Die Kunst entsteht im Auge des Betrachters." (Picasso/Shakespeare)

Konzert für Jimi

In Cottbus gibt es am Montag, 19. Juni 2023, noch einmal ein Jazz-Konzert an gewohntem Ort zu gewohnter Zeit um 20 Uhr – im Obenkino des Glad Houses. Anlass ist der zehnte Todestag von Peter „Jimi“ Metag. Gemeinsam mit Ulli Blobel organisierte er von 1973 bis zum Veranstaltungsverbot 1982 die Jazzwerkstatt Peitz.

Das Konzert ist auch Gelegenheit für einen Rückblick auf die Veranstaltungen, die es im Obenkino Cotttbus neben Filmvorführungen gab. Lesungen und Tanz standen ebenso auf dem Programm wie eben zeitgenössischer Jazz, ab 2006 unter dem Motto „Jazz & Cinema“. Vielfältig und international war das Programm in der Regie von Programm-Leiterin Heidi Fischer und Hausleiter Jürgen „Freddy“ Dulitz. Es gab sechs bis zehn Konzerte mit Film-Programm im Jahr, dazu Open-Air-Veranstaltungen im Sommer.

Die Reihe war am 22. April 2006 das erste Mal über die Bühne gegangen. „Der tschechische Flötist Jiří Stivín spielte“, erinnert sich Freddy Dulitz. Baby Sommer trommelte im Mai 2015 den Abgesang der regelmäßigen Konzerte nach mehr als 200 Veranstaltungen mit Free Jazz und improvisierter Musik. Dulitz, seit Ende März 2018 als Leiter des Kulturzentrums im Ruhestand, begleitete die noch verbliebenen Konzerttermine. Mit „Jazz im Obenkino“ gab es bis ins Jahr 2020 eine jazzige Fortsetzung, in Zusammenarbeit mit der Jazzwerkstatt. Ein treues Stammpublikum mit Besuchern nicht nur aus Cottbus, sondern auch aus dem Umland von Guben, Forst, Spremberg, Lübbenau bis Lübben kam im Glad House zusammen, um innovativen Jazz bis hin zu aktuellen Strömungen der Neuen Musik aufzunehmen. Im Jahr 2020 zeichneten sich Finanzierungsprobleme für die kleine, feine Veranstaltungsreihe ab – und dann kam Corona. Seitdem ruht es in Sachen Jazz im Glad House.

Mit dem Konzert am 19. Juni wird nun an Jimi Metag als Manager erinnert, der die Improvisationskunst in die Region gebracht hat. Sein Todestag jährte sich am 12. Mai zum zehnten Mal. Sein Name ist verbunden mit der Jazzwerkstatt Peitz, die gerade unter der Regie von Ulli Blobel ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert hat. Metag und Blobel waren die beiden jungen Männer, die die Musik in ihre Heimatstadt holten, für die sie selbst oft genug durch die Lande reisten. Dass sie mit ihrem ersten Jazz-Workshop und den folgenden Werkstätten wie den Open-Air-Happenings die „Jugendkultur“ in der DDR prägen sollten, war nicht absehbar. Es wurden neun Jahre, die in die DDR-Jazz-Geschichte eingingen und im ersten Buch „Woodstock am Karpfenteich“ beleuchtet werden, herausgegeben von Ulli Blobel.

Zu dieser Geschichte gehört, dass nach dem Verbot der Jazzwerkstatt Peitz die beiden Protagonisten auf eigenen Wegen dem Jazz und dem Konzertmanagement treu geblieben sind. Ulli Blobel reiste 1984 aus der DDR aus, ging seinen Weg in der westlichen Hemisphäre. Jimi Metag suchte und fand in der Nischengesellschaft DDR eine Möglichkeit, Jazzmusiker zu managen.

Das war durchaus nicht so einfach, wie es sich aus heutiger Sicht anhört. Denn in der DDR musste alles seine Ordnung haben, auch der wildeste Jazz. Die Lizenz für Jimi hieß umgangssprachlich „Pappe“ für den „Tourneebegleiter“. Und so bespielte er die DDR von Mecklenburg bis Thüringen mit den freien Tönen des Jazz. In Cottbus gab es Konzerte im Südstadt-Club, Q-Art in den Kunstsammlungen in der Spremberger Straße, im Töpferturm, im Kulturhaus des TKC (ehem. Kaiser’s) Performances mit Tanz. In Leipzig war es die Moritzbastei, in Berlin das Haus der Jungen Talente, in Dresden die Tonne. Jena, Ilmenau, Meerane, Freiberg, Greifswald – Jimi reiste im Trabbi mit Jazz-Musikern durch alle Winkel der DDR. Er organisierte nicht nur Konzerte, sondern auch komplette Festivals wie in Glauchau und Eldena. Er arbeitete mit dem Jazzclub am Senftenberger Theater zusammen, brachte dort Programme auf die Bühne.

Unter den schwierigen Verhältnissen der Wendezeit, unter der Marktwirtschaft, hieß es ab 1990, einen langen Atem zu behalten. Jimi hielt die Kontakte zu den Musikern, führte die Zusammenarbeit weiter, auch wenn Ost-Musiker gerade nicht so angesagt waren und es nicht leicht war, für sie Muggen zu bekommen. „Er war Manager und Anker für die Musiker“, sagt Jimis Witwe Silvia Hagen, die ihn seit 1986 begleitete. Er organisierte auch Lesereisen, beispielsweise mit Peter Rühmkorf und mit Günter Grass, der 1990 in Cottbus, Neupetershain und Altdöbern unterwegs war. Metags Arbeit fand Anerkennung in der Jazz-Szene – so widmeten ihm Jazzer aus Mecklenburg-Vorpommern ihre CD „NordCut 2000“. „Die CD trägt den Titel ‚Für Jimi‘. Hiermit soll Peter ,Jimi‘ Metag gedankt werden, der seit über 20 Jahren die ehemalige DDR-Jazz-Szene entscheidend aufbauen half und sich als unermüdlicher Partner auch um den Jazz in Mecklenburg-Vorpommern verdient gemacht hat… Wir danken ihm für seinen Rat und seine Arbeit!“, heißt es im Booklet. Dabei waren unter anderem Ernst-Ludwig „Luten“ Petrowsky, Uschi Brüning, Detlef Bielke, Günter Bartel, Wolfgang „Zicke“ Schneider.

Peter „Jimi“ Metag (1950 – 2013) blieb nicht viel Zeit im neuen System der Musikvermarktung. Er erkrankte so schwer, dass er am Konzert zu seinem 50. Geburtstag im Glad House nur im Rollstuhl teilnehmen konnte. Aber er wurde von vielen begrüßt mit „Hallo Jimi!“ Das Konzert am 19. Juni im Obenkino wird ein Werkstatt-Konzert mit Musikern, die einst mit Jimi durch die Lande gefahren sind und den „Freien Jazz“ weitergetragen haben. Baby Sommer (Drums), Joe Sachse (Gitarre), Matthias Bauer (Bass), Frank Paul Schubert (Saxofon) und Uli Gumpert (Piano) haben zugesagt.

Den Cinema-Part übernimmt der Cottbuser Filmemacher Donald Saischowa. Er wird Ausschnitte aus seinem Film „Trommeln auf Blech“ präsentieren.

„Bauer 4“ spielte am 12. Mai 2013 im Cottbuser Glad House in der Veranstaltungsreihe Jazz & Cinema und widmete das lange geplante Konzert dem am Tag zuvor verstorbenen Jazz-Manager Peter „Jimi“ Metag, dem sie über Jahrzehnte verbunden waren. (Foto: H. Andörfer)

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