62. Jazzwerkstatt Peitz: Freitag

Zwischen Tradition und Aufbruch

Die Jazzwerkstatt Peitz geht unter Kuratorin Marie Blobel neue Wege, ohne die Wurzeln zu verleugnen. Der Jazzpreis Brandenburg ist zum zweiten Mal verliehen worden – an den Saxofonisten und Komponisten Wanja Slawin.

Von Ingrid Hoberg

Peitz. Einmal im Jahr sind in Peitz und Umgebung sämtliche Betten in Hotels, in Pensionen und bei privaten Vermietern ausgebucht – dann ist Jazzwerkstatt-Festivalzeit. Diese Erfahrung der Touristiker im Amt Peitz hat sich wieder bestätigt. „Zur 62. Jazzwerkstatt sind Besucher aus ganz Deutschland angereist, auch Berliner“, sagt Marie Blobel. Und das ist schon erstaunlich, hat der Hauptstädter doch ein breites Jazz-Angebot. Das weiß sie nicht zuletzt durch ihre Konzertreihe Jazzexzess in Berlin.

Zum zweiten Mal hat Marie Blobel nun das traditionsreiche Festival der Jazzwerkstatt kuratiert. Im vergangenen Jahr trat sie die Nachfolge ihres Vaters Ulli Blobel als Veranstalterin an. Unter dem Motto „Die Kunst der Freiheit – ein Festival zwischen Tradition und Wandel“ ist es ihr gelungen, diesmal 20 Konzerte auf mehreren Bühnen auf dem Gelände des historischen Hüttenwerks und zum Abschluss in der Stüler-Kirche zu präsentieren. Zum Auftakt des Festivals begeisterte das Big-Band-Projekt „Brother & Sisterhood“ des Schlagzeugers Günter Baby Sommer mit elf Musikerinnen und Musikern auf der Bühne. Offenbar ein gelungener Schachzug, denn bereits am Freitag war das Publikum zum Konzertplatz geströmt.  

Mit „Weird of Mouth“ folgte auf der Hauptbühne das als Free-Jazz-Supergroup angekündigte Trio der Saxofonistin Mette Rasmussen mit Craig Taborn (Klavier) und Ches Smith (Schlagzeug). Improvisationen als Fest der Gegensätze – dem lässt sich nichts hinzufügen. Für manchen Festivalbesucher schien da schon der Höhepunkt und das Ziel der Anreise erreicht. Aber natürlich nicht – das Programm bot an den drei Festivaltagen einen dramaturgisch gelungenen Wechsel von Kontrasten. Sowohl vom musikalischen Angebot wie von den bespielten Orten her. Von der Hauptbühne Open Air ging es in die Hochofenhalle oder in die Werkstatt am Hüttenwerk. Die Werkstatt zu bespielen hat einen Bezug zum Namen des Festivals – den die Begründer Ulli Blobel und Peter „Jimi“ Metag (1950 – 2013) mit ihren Veranstaltungen in den 1970/80er Jahren kreativ umgesetzt hatten. Darauf bezieht sich auch Marie Blobel: Die Werkstatt als Raum für musikalische Experimente und Erst-Begegnungen.

Zu den neuen Akzenten, die sie setzt, gehört die Auslobung und Vergabe eines Jazzpreises. Eine Jury wählte im vergangenen Jahr den Schlagzeuger Willi Kellers – der Jazzpreis Brandenburg 2025 ging nun an den Altsaxofonisten Wanja Slavin. „Seine starke künstlerische Persönlichkeit, sein ausdrucksstarkes Spiel und seine stilistische Offenheit machen ihn zu einer herausragenden Persönlichkeit des europäischen Jazz“, urteilte die Jury. Der Preis wird durch die Initiative Musik mit Projektmitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert. Mit seiner aktuellen Band, dem Sextett „Libelle“, gab Slavin einen Einblick in seine musikalische Arbeit.

Marie Blobel ist es gelungen, mit 15 Helfern und Volonteers die drei Festivaltage organisatorisch abzusichern und eine entspannte Atmosphäre für die Besucher zu schaffen. So mancher verabredete sich mit anderen Jazzfreunden schon für das nächste Festival. Die 63. Jazzwerkstatt Peitz wird vom 14. bis 16. August 2026 stattfinden. Dann heißt es wieder: Woodstock am Karpfenteich. Und vielleicht wird dann auch wieder getanzt – so wie dieses Mal. Das überraschte doch den langjährigen Festivalbesucher. Dass in Peitz beim Jazz getanzt wurde, gehört nicht zu den überlieferten Geschichten. Neue Traditionen dürfen gern begründet werden – auch von einem Publikum, unter das sich mehr jüngere Zuhörer mischen. Das war in diesem Jahr unübersehbar.

Es ist zu hoffen, dass der Veranstaltungsort Hüttenwerk auch zukünftig für das Festival zur Verfügung steht.

Info

Zur Veröffentlichung  von Konzertschnitten wird auf www.jazzwerkstatt.eu informiert.