"Die Kunst entsteht im Auge des Betrachters." (Picasso/Shakespeare)

Obenkino: Sommer & Hilpert

Das Duo Günter „Baby“ Sommer und Katharina Hilpert spielten am 20. Januar 2020 im ausverkauften Obenkino im Cottbuser Glad-House. Beide fühlten sich von einem Publikum inspiriert, das ihren Klangexperimenten mit Begeisterung folgte. An diesem Abend verabschiedete sich Jürgen „Freddy“ Dulitz als Spiritus Rector der Veranstaltungsreihe, die nun in Zusammenarbeit mit der Jazzwerkstatt Peitz weitergeführt wird. Hier ein Artikel, der in gekürzter Fassung in der Lausitzer Rundschau am 24. Januar erschienen ist:

Kein Jazz-Abend wie alle anderen

Jürgen „Freddy“ Dulitz verabschiedet sich mit einem Konzert von Günter „Baby“ Sommer von der Veranstaltungsreihe „Jazz im Obenkino“, die unter anderen Vorzeichen weitergeführt wird.

Von Ingrid Hoberg

Cottbus. „Ein jegliches hat seine Zeit“ – die Puhdys haben aus diesem Spruch einen Song gemacht, Jürgen „Freddy“ Dulitz hat unter diesem Zeichen für sich eine Entscheidung getroffen. Das Konzert mit dem Schlagzeuger Günter „Baby“ Sommer und der Flötistin Katharina Hilpert ist das letzte, zu dem er das Publikum im Obenkino begrüßt. „Ich bin dankbar dafür, dass ich mehr als 20 Jahre hier Jazz präsentieren konnte“, sagt er vor Beginn des zweiten Sets. Diese Ansage kommt für die meisten Zuhörer überraschend, so schauen sie einigermaßen ratlos. Denn obwohl die Zahl der Konzerte schon reduziert wurde, haben Jazz-Fans den Montagabend für einen Besuch im Glad-House auf dem Schirm gehabt.

Ab den 1990er Jahren hatte Dulitz zunächst gemeinsam mit seinem Freund Peter „Jimi“ Metag (1950 – 2013), Mitbegründer der Jazzwerkstatt Peitz, Jazz im Glad-House veranstaltet. Nach der Erkrankung von Metag übernahm er ab dem Jahr 2000 diesen Part allein, bis 2018 war Jürgen Dulitz Werkleiter des Hauses. Ehrenamtlich führte er seitdem die Organisation und Moderation der Jazz-Konzerte weiter. „Ein enger Partner war in all dieser Zeit Reinhard Müller“, sagt „Freddy“ Dulitz. Der Berliner Agentur-Chef hat mit seinem Konzertservice die Veranstaltungsabwicklung betreut. Nun bleibt abzuwarten, was künftig in Sachen Jazz im Glad-House passiert.  

„Es wird weiter Konzerte geben, ab März dann mit der Jazzwerkstatt von Ulli Blobel“, so Dulitz. Doch das Haus sehe sich nicht mehr in der Lage, diese Veranstaltungen allein zu stemmen. „Wenn immer so viele Besucher wie heute gekommen wären …“, stellt er diesmal vor ausverkauftem Obenkino fest. Doch das war im vergangenen Jahr nicht oft der Fall. „Leider. Vielleicht gab es kein Vertrauen zu dem, was präsentiert wurde“, so seine Ursachenforschung. Ihm war es immer wichtig, innovative Künstler, die mit ihrer musikalischen Entwicklung Relevanz bewiesen, ins Haus zu holen. „Es war eine schöne, eine tolle Zeit, die jetzt zu Ende ist“, sagt er und gibt die Bühne frei für Sommer & Hilpert.

Die beiden haben auch gerade erst in der Pause davon erfahren, dass sich Dulitz verabschiedet und „Baby“ Sommer entschließt sich spontan, die Komposition „Dedication to Max Roach“ an diesem Abend umzuwidmen in „Dedication to Freddy“.  Viel, viel Applaus gibt es für dieses Statement und den Adressaten.   

Gemeinsam mit Katharina Hilpert hatte Sommer dafür gesorgt, dass dieses nun letzte Konzert unter der Regie von „Freddy“ Dulitz nicht abgesagt werden musste. Der angekündigte Saxofonist Antonio Lucaciu war kurzfristig erkrankt und die Flötistin kurzerhand eingesprungen. Dass es sich dabei um ein eingespieltes (Ehe)-Paar handelt, ist spätestens beim dem Titel „Krach unterm Dach“ auf erfrischende Weise klar. Hilpert spielt nicht nur das bekannte klassische Holzblasinstrument, sie experimentiert offenbar auch gern mit der mittelalterlichen Holzschalmei, dem Flautophon und selbst gebauten Instrumenten. Die Zuhörer folgen ihren musikalischen Pfaden gern.

„Baby“ Sommer hat neben seinen Drums einige exotische Instrumente im Gepäck – beispielsweise ein Hang, das in Bern erfunden wurde und eigentlich ausschließlich mit der Hand gespielt wird. Zu seiner Klangwerkstatt gehört außerdem die ursprünglich aus Afrika stammende Holzschlitztrommel. Diese hatte er nicht dabei, als er im Mai 2015 schon einmal ein letztes Konzert im Obenkino spielte. Damals wurde die Veranstaltungsreihe Jazz & Cinema zu Grabe getragen.

„Baby“ Sommers Instrumentarium ist immer variabel, für die Zugabe holt er diesmal die Maultrommel aus der Tasche. Da hatte er für die fünf Miniaturen nach Eric Satie schon den Hammer geschwungen. Und ohne eine Reminiszenz an die Schlagzeug-Heros Warren „Baby“ Dodds und Max Roach ist auch dieser Abend nicht ausgekommen. „Dedicate to Max“ und „Dedicate to Freddy“.  

Info Das nächste Mal „Jazz im Obenkino“ gibt es am 30. März, 20 Uhr, mit dem Pablo Held Trio, verstärkt von Gitarrist Nelson Veras. Weitere Infos unter www.obenkino.de.

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